RATIS Rechtsanwaltsgesellschaft

Was ist ein besonderer Kündigungsschutz?

Besonderer Kündigungsschutz

Im Arbeitsrecht gelten bestimmte Personengruppen als besonders schutzwürdig. Das bedeutet, dass der Gesetzgeber über den allgemeinen Kündigungsschutz hinaus die Kündigung für diese Personen ausgeschlossen oder erschwert hat. Wem kann ein besonderer Kündigungsschutz helfen?

Der sogenannte Sonderkündigungsschutz soll in erster Linie diese Personengruppen stärker vor dem Verlust des Arbeitsplatzes bewahren als andere Arbeitnehmer. Ihnen kann also nur aus einem wichtigen Grund gekündigt werden. In bestimmten Fällen muss zudem seitens des Arbeitgebers vor Ausspruch der Kündigung die Zustimmung von den zuständigen Behörden eingeholt werden. In der Regel wird durch den besonderen Kündigungsschutz das Recht zur ordentlichen Kündigung durch den Arbeitgeber ausgeschlossen. Teilweise ist auch das Recht zur außerordentlichen Kündigung eingeschränkt.

Für welche Personengruppen gilt ein besonderer Kündigungsschutz?

Ein besonderer Kündigungsschutz ist in der Regel nicht von der Größe des Betriebes oder der Dauer der Betriebszugehörigkeit abhängig.

Einen besonderen Kündigungsschutz genießen:
 
  • Schwangere Arbeitnehmerinnen, bzw. Arbeitnehmerinnen im Mutterschutz
  • Personen vor oder während der Elternzeit
  • Schwerbehinderte Arbeitnehmer
  • Mitglieder von Betriebsverfassungsorganen
  • Auszubildende
  • Wehr- oder Ersatzdienstleistende

Die rechtlichen Grundlagen sind in den entsprechenden Gesetzen festgelegt.

 

Schwangere Arbeitnehmerinnen bzw. Arbeitnehmerinnen im Mutterschutz

Der besondere Kündigungsschutz für schwangere Arbeitnehmerinnen wird durch § 9 des Mutterschutzgesetzes (MuSchG) geregelt. Nach § 9 MuSchG ist die Kündigung gegenüber einer Frau während der Schwangerschaft und bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung grundsätzlich unzulässig. Dies gilt auch, wenn dem Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Kündigung die Schwangerschaft oder die bereits erfolgte Entbindung nicht bekannt war, wenn sie ihm innerhalb zweier Wochen nach der Kündigung mitgeteilt wird. Gut zu wissen: Der besondere Kündigungsschutz für Schwangere gilt auch in der Probezeit.

Personen vor oder während der Elternzeit

Erziehungsurlaub (Elternzeit) kann bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres eines Kindes sowohl von Frauen, als auch von Männern in Anspruch genommen werden. Nach § 18 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) darf das Arbeitsverhältnis ab dem Zeitpunkt, von dem an Erziehungsurlaub beantragt worden ist, höchstens jedoch acht Wochen vor Beginn des Erziehungsurlaubs sowie während der Erziehungsurlaub selbst vom Arbeitgeber nicht gekündigt werden. Während des Erziehungsurlaubs kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis jedoch zum Ende des Erziehungsurlaubs unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündigen.

Schwerbehinderte Arbeitnehmer

Schwerbehinderte und ihnen gleichgestellte Arbeitnehmer genießen gemäß den gesetzlichen Vorschriften nach § 85 SGB IX (Sozialgesetzbuch, Band 9) einen besonderen Kündigungsschutz. Die Kündigung ist für den Arbeitgeber nur unter erschwerten Bedingungen möglich. Sie kann nur mit vorheriger Zustimmung des Integrationsamtes erfolgen. Das gilt auch für schwerbehinderte Arbeitnehmer mit einem Grad der Behinderung (GdB) von unter 50 %, wenn er mindestens 30% beträgt und der Arbeitnehmer durch die Arbeitsagentur einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt ist. Bei Zugang der Kündigung muss die Schwerbehinderung anerkannt sein, oder der Antrag auf Anerkennung muss mindestens drei Wochen vor dem Zugang der Kündigung gestellt worden sein.

Mitglieder von Betriebsverfassungsorganen

  • Mitglieder von Betriebsverfassungsorganen sind 
  • Mitglieder des Betriebsrates oder Personalrates 
  • Jugend- und Auszubildendenvertreter/-innen 
  • Mitglieder eines Seebetriebsrates oder einer Bordvertretung
Diese Arbeitnehmer nehmen in besonderem Maße die Rechte der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber wahr und dürfen nicht ordentlich gekündigt werden. Dieser Kündigungsausschluss besteht nach dem Ende der Amtszeit noch bis zu einem Jahr weiter. Auch Arbeitnehmer, die noch kein Amt wahrnehmen, sich aber bereits an der Gründung oder Wahl einer Arbeitnehmervertretung beteiligen, genießen bis zur Bekanntgabe des Wahlergebnisses und teilweise danach bis zu sechs Monate besonderen Kündigungsschutz.

Auszubildende

Das Ausbildungsverhältnis darf nach der maximal viermonatigen Probezeit für den Auszubildenden nicht mehr durch den Ausbildungsbetrieb ordentlich gekündigt werden. Jedoch ist eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund möglich. Hierbei gilt dann eine Kündigungsfrist, die einer gesetzlichen oder tariflichen Frist eines normalen Arbeitsverhältnisses entspricht.

Wehr- und Ersatzdienstleistende

Arbeitnehmer sind vom Zeitpunkt der Zustellung des Einberufungsbescheides an bis zur Beendigung des Grundwehrdienstes und auch während der Ableitung einer Wehrübung von einer ordentlichen Kündigung ausgeschlossen. Außerordentliche Kündigungen sind jedoch möglich.

Besonderer Kündigungsschutz kann gleichzeitig mehrere Gründe haben

Arbeitnehmer können besonderen Kündigungsschutz gleichzeitig aus mehreren Gründen geltend machen. So besteht die Möglichkeit, sowohl die Regelungen für einen schwerbehinderten Menschen als auch beispielsweise für ein Betriebsratsmitglied gleichzeitig in Anspruch zu nehmen. 

Anwaltliche Beratung in Bezug auf den besonderen Kündigungsschutz

In der Regel enden Kündigungsstreitigkeiten vor dem Arbeitsgericht. Aus diesem Grund empfiehlt es sich für den Betroffenen, rechtzeitig nach Erhalt der Kündigung einen Fachanwalt für Arbeitsrecht zu konsultieren.

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