Erfahrungen & Bewertungen zu RATIS Rechtsanwaltsgesellschaft
Mit einer aktuellen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist Bewegung in die juristische Aufarbeitung des Dieselskandals gekommen. Die von unserer Kanzlei geführte Verfassungsbeschwerde (Az. 2 BvR 1760/22) gegen eine Entscheidung des Oberlandesgerichts München war erfolgreich. Karlsruhe stellte klar: Wird eine Berufung in einem sogenannten Dieselverfahren vorschnell als „offensichtlich unbegründet“ zurückgewiesen, obwohl europarechtliche Fragen noch offen sind, verletzt dies das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz.

Bundesverfassungsgericht stärkt effektiven Rechtsschutz im Dieselskandal – Erfolg unserer Kanzlei

Ein Beschluss mit Signalwirkung – nicht nur für betroffene Fahrzeugkäufer, sondern auch für die gesamte Rechtsprechung im Bereich der Abgasverfahren, des europäischen Verbraucherschutzrechts und des Zivilprozessrechts. Er mahnt nationale Gerichte, die Vorlagepflicht an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) ernster zu nehmen und stärkt damit hoffentlich die Rechte von Verbrauchern im Zusammenspiel von deutschem und europäischem Recht.

Inhaltsverzeichnis

Ein Richterhammer liegt auf einem hölzernen Richtertisch, im Hintergrund steht ein Ledersessel und eine rote Richterkappe – Symbolfoto für das Bundesverfassungsgericht in Deutschland.

Erfolg vor dem Bundesverfassungsgericht

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 8. September 2025 (Az. 2 BvR 1760/22, veröffentlicht am 6. November 2025) einer von unserer Kanzlei geführten Verfassungsbeschwerde stattgegeben.
Der Fall betrifft die Zurückweisung einer Berufung im sogenannten Dieselverfahren gegen die Audi AG durch das Oberlandesgericht München.

Diese Entscheidung ist richtungsweisend: Sie stärkt den verfassungsrechtlich garantierten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz und verpflichtet die Fachgerichte, ihre Vorlagepflicht an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) ernst zu nehmen, wenn europarechtliche Fragen entscheidungserheblich sind.

Hintergrund des Verfahrens: Abgasmanipulation und Haftung der Hersteller

Seit Bekanntwerden des Dieselskandals ab 2015 beschäftigen Gerichte in ganz Europa die Fragen, ob Automobilhersteller – darunter Volkswagen, Audi, Mercedes-Benz, Fiat und Stellantis – für Fahrzeuge mit unzulässigen Abschalteinrichtungen haften und ob europäische Zulassungsvorschriften sogenannte „Schutzgesetze“ im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB darstellen.

Diese Vorschriften dienen primär dem Umwelt- und Verbraucherschutz. Nach europarechtlicher Auslegung schützen sie aber auch das individuelle Interesse von Käufern, kein manipuliertes Fahrzeug zu erwerben.
Das OLG München hatte die Berufung eines betroffenen Fahrzeugkäufers im Beschlusswege nach § 522 Abs. 2 ZPO als „offensichtlich unbegründet“ zurückgewiesen, obwohl beim EuGH bereits ein Vorabentscheidungsverfahren anhängig war, das genau diese Frage betraf.

Was das Bundesverfassungsgericht entschieden hat

Das Bundesverfassungsgericht sah darin einen Verstoß gegen das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG).
Es stellte klar:

Gerichte dürfen europarechtliche Fragen nicht als „geklärt“ behandeln, wenn sie tatsächlich erneut klärungsbedürftig sind – insbesondere, wenn beim EuGH ein entsprechendes Verfahren bereits läuft.

Das OLG München habe die grundsätzliche Bedeutung der Sache verkannt, indem es die Berufung als unbegründet zurückwies, obwohl sich die Rechtslage durch die Schlussanträge im Vorabentscheidungsverfahren gerade wieder verändert hatte.
Damit rügt das Bundesverfassungsgericht eine verbreitete Praxis deutscher Gerichte, komplexe Dieselverfahren abzukürzen, anstatt den Ausgang anhängiger europäischer Verfahren abzuwarten oder selbst eine Vorlage an den EuGH zu stellen.

Bedeutung für Verbraucher und laufende Verfahren

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist ein Signal mit Breitenwirkung.
Sie betrifft nicht nur die konkrete Klage gegen die Audi AG und zahlreiche andere Dieselverfahren, die bundesweit noch anhängig sind. Sie betrifft darüber hinaus sämtliche Verfahren, in denen Berufungsgerichte nach § 522 Abs. 2 ZPO Berufungen vorschnell als „offensichtlich unbegründet“ zurückweisen, obwohl entscheidungserhebliche europarechtliche Fragen noch nicht geklärt oder beim Europäischen Gerichtshof anhängig sind.

Künftig müssen Berufungsgerichte sehr viel sorgfältiger prüfen, ob tatsächlich ein „acte clair“ – also eine eindeutig geklärte Rechtslage – vorliegt.
Ist dies nicht der Fall, sind sie verpflichtet, eine Vorlage an den EuGH zu erwägen oder anhängige Verfahren bis zur Klärung offener Fragen auszusetzen.

Für Verbraucher bedeutet das:
Die Chance auf eine vollständige gerichtliche Prüfung steigt erheblich.
Gleichzeitig stärkt das Bundesverfassungsgericht das Vertrauen in die Durchsetzbarkeit des europäischen Verbraucherrechts und sendet ein deutliches Signal für Rechtsstaatlichkeit und Verfahrensfairness.

Europarechtliche Dimension: Die Pflicht zur Vorlage an den EuGH

Nach Art. 267 AEUV sind nationale Gerichte verpflichtet, dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) Fragen zur Auslegung des Unionsrechts vorzulegen, wenn diese für die Entscheidung erheblich sind. Diese sogenannte Vorlagepflicht ist ein Grundpfeiler des europäischen Rechts und dient der einheitlichen Anwendung des Unionsrechts in allen Mitgliedstaaten.

Das Bundesverfassungsgericht betont nun ausdrücklich, dass die Missachtung dieser Pflicht verfassungswidrig sein kann.
Denn der Anspruch des Bürgers auf den gesetzlichen Richter umfasst auch den europäischen Richter, wenn Unionsrecht betroffen ist.

Juristische Einordnung und Folgen für laufende Dieselverfahren

Die Entscheidung dürfte insbesondere Berufungsgerichte betreffen, die Verfahren nach § 522 Abs. 2 ZPO im Beschlusswege zurückweisen.
Künftig müssen sie noch stärker prüfen, ob ein „acte clair“ (also eine eindeutig geklärte Rechtslage) tatsächlich vorliegt – oder ob sie besser eine Vorlage an den EuGH erwägen.

Für Verbraucher und ihre Anwälte bedeutet das:
Wird ein Berufungsverfahren vorschnell beendet, kann künftig eine Verfassungsbeschwerde eine reale Chance haben, die Entscheidung zu korrigieren.

Stellungnahme unserer Kanzlei

„Diese Entscheidung ist ein Signal für den effektiven Rechtsschutz im Dieselskandal und darüber hinaus“, erklärt Rechtsanwalt Galla.
„Sie zeigt, dass das Bundesverfassungsgericht bereit ist, Fehlentwicklungen im Instanzenzug zu korrigieren, wenn Gerichte die Grenzen europarechtlicher Kontrolle überschreiten.“

Losgelöst von der konkreten Angelegenheit richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen die allgemeine Unsitte der Gerichte, entscheidungserhebliche europarechtliche Fragestellungen entgegen ihrer gesetzlichen Verpflichtung nicht dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorzulegen oder zumindest – wie im vorliegenden Fall – vor einer Entscheidung zunächst den Ausgang eines bereits laufenden Vorabentscheidungsverfahrens abzuwarten.

Damit soll verdeutlicht werden: Nur durch die konsequente Beachtung der Vorlagepflicht nach Art. 267 AEUV kann die einheitliche Anwendung des europäischen Rechts und damit der verfassungsrechtlich garantierte effektive Rechtsschutz sichergestellt werden.

Fazit: Ein Erfolg mit leiser Wirkung – Karlsruhe mahnt, die Praxis aber bleibt

Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts ist in erster Linie eine Mahnung an die Gerichte, die Grenzen richterlicher Eigenmächtigkeit zu respektieren und das europäische Recht ernst zu nehmen. Er erinnert daran, dass die Pflicht zur Vorlage an den Europäischen Gerichtshof keine bloße Formalität ist, sondern ein zentraler Bestandteil des effektiven Rechtsschutzes.

Für die juristische Aufarbeitung des Dieselskandals ist die Entscheidung zwar ein wichtiges Signal, ihre praktische Reichweite bleibt jedoch begrenzt. Es ist kaum zu erwarten, dass die Gerichte ihre bisherige Praxis im Umgang mit europarechtlichen Fragen grundlegend ändern. Die Hoffnung, dass diese Mahnung zu einem Umdenken führt, dürfte sich daher in engen Grenzen halten.

Hinzu kommt, dass weitere Verfassungsbeschwerden anhängig sind, die sich mit derselben Problematik befassen – und zwar nicht nur im Kontext der Abgasverfahren. Betroffen sind vielmehr auch andere Rechtsgebiete, in denen nationale Gerichte sich weigern, entscheidungserhebliche europarechtliche Fragen dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorzulegen oder Betroffenen eine Individualbeschwerde dorthin faktisch verwehren.

So bleibt der Beschluss ein notwendiges, aber isoliertes Signal im langen Ringen um rechtsstaatliche Konsequenz: richtig in der Sache, aber mit überschaubarem Einfluss auf die tägliche gerichtliche Praxis – im Dieselskandal wie darüber hinaus.

Mehrere Dieselautos verschiedener Marken stehen bei Sonnenschein an einer Ampel und stoßen Abgase aus – Symbolbild für den Dieselskandal und die juristische Aufarbeitung.

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Die RATIS Rechtsanwaltsgesellschaft mbH zählt bundesweit zu den führenden Kanzleien in der rechtlichen Aufarbeitung des Dieselskandals und hat in den vergangenen Jahren zahlreiche Mandantinnen und Mandanten bei Schadensersatzklagen gegen Automobilhersteller erfolgreich vertreten.

Mit Rechtsanwalt Sven Galla an der Spitze des spezialisierten Teams war RATIS eine der Wegbereiterkanzleien bei der juristischen Aufarbeitung des Fiat/Stellantis-Abgasskandals und hat maßgeblich dazu beigetragen, verbraucherfreundliche Gerichtsentscheidungen in diesem Bereich zu erwirken.

Auch im aktuellen Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht engagiert sich unsere Kanzlei für die Wahrung der Grundrechte und des effektiven Rechtsschutzes von Verbrauchern – insbesondere dort, wo nationale Gerichte europarechtliche Fragestellungen nicht an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorlegen.

Das auf Verbraucher- und Verkehrsrecht spezialisierte Team der RATIS unterstützt betroffene Fahrzeughalter bundesweit – telefonisch unter 0851 986130-0 oder per E-Mail unter anfrage@ratis.de.

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