RATIS Rechtsanwaltsgesellschaft

Aufhebungsvertrag unterschreiben?

Aufhebungsvertrag

Was ist ein Aufhebungsvertrag?

„Frau Müller bitte ins Personalbüro, Frau Müller bitte“, hallt es durch die Lautsprecher eines Möbelhauses. Die Verkäuferin ist überrascht, weil sie nicht mit einem Gespräch gerechnet hat und macht sich sogleich auf den Weg. Im Büro erwarten sie bereits der Personalchef und ihr Abteilungsleiter. Die Herren kommen sofort zur Sache und machen Frau Müller ein Angebot, das sie ihrer Meinung nach nur schwer ablehnen kann: Was Frau Müller auf dem Tisch sieht, ist ein Aufhebungsvertrag – die scheinbar eleganteste Form, um sich von einem Mitarbeiter zu trennen. „Frau Müller, wie Sie ja wissen, gab es in letzter Zeit einige Beschwerden von Kunden, die Verkaufszahlen sind schlecht und die Konflikte mit Ihren Kollegen wachsen Ihnen bestimmt auch schon über den Kopf. Wir machen Ihnen daher das Angebot, das Arbeitsverhältnis sauber zu beenden – mit einem Aufhebungsvertrag. Glauben Sie uns, das ist die beste Option oder wollen Sie lieber eine fristlose Kündigung? Unterschreiben Sie doch gleich, dann haben wir die Sache hinter uns.“  

Frau Müller, die bereits seit 15 Jahren im Unternehmen beschäftigt ist, weiß nicht so recht, wie ihr geschieht. Bedingt durch die unangenehme Situation und ihre Unsicherheit greift sie zum Kugelschreiber und unterschreibt den Aufhebungsvertrag. Denn sie will jetzt nur Eines: Raus aus dem Büro.

Neben einer ordentlichen oder außerordentlichen Kündigung kann ein Arbeitsverhältnis, wie in unserem Fallbeispiel, auch durch einen Aufhebungsvertrag beendet werden. Im Gegensatz zur Kündigung handelt es sich hierbei allerdings nicht um eine einseitige Willenserklärung, wie es in der juristischen Fachsprache heißt. Das bedeutet, dass der Aufhebungsvertrag (auch Auflösungsvertrag genannt) nur dann gültig ist, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichermaßen zustimmen und ihn schriftlich schließen. 

Warum Sie den Aufhebungsvertrag zunächst nicht unterschreiben sollten

Meist endet ein Arbeitsverhältnis durch eine Kündigung. Erhält ein Arbeitnehmer eine Kündigung, muss er diese zunächst hinnehmen. Eine schriftliche Zustimmung ist nicht erforderlich – nur der Arbeitgeber muss unterschreiben. Jedoch hat der Arbeitnehmer in den meisten Fällen die Möglichkeit, binnen 3 Wochen gegen eine Kündigung vorzugehen.

Da klingt ein Aufhebungsvertrag scheinbar viel besser. Schließlich kann man ein unschönes Kündigungsschreiben von vornherein vermeiden. Zudem ist die Zustimmung beider Parteien erforderlich, d.h. Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssen den Aufhebungsvertrag unterschreiben. Doch ist der Aufhebungsvertrag tatsächlich immer der nette Bruder der fristlosen Kündigung? Mitnichten. Fakt ist, dass Arbeitgeber mit einem Aufhebungsvertrag einen bestimmten Zweck verfolgen. Zu den möglichen Gründen, die für Arbeitnehmer einige Nachteile zur Folge haben, zählen:

  • Vermeidung einer Kündigungsschutzklage.
  • Vermeidung von hohen Abfindungszahlungen.
  • Trennung von Mitarbeitern, die besonderen Kündigungsschutz genießen (Schwangere etc.).

Wer denkt, dass ohnehin nicht viel passieren kann, weil man von jedem Vertrag zurücktreten kann, täuscht sich: Bei Aufhebungsverträgen existiert kein 14-tägiges Widerrufsrecht. Zudem liegt die Hürde, um einen Aufhebungsvertrag rückgängig zu machen, vergleichsweise hoch: Der Arbeitnehmer muss nachweisen, dass ihn der Arbeitgeber während des Vertragsgesprächs zum Beispiel bedroht oder arglistig getäuscht hat (123 BGB).

Das bedeutet im Klartext, dass Sie im Falle einer Zustimmung zu einem unfairen Aufhebungsvertrag im Nachhinein oft nichts mehr unternehmen können. 

Die Nachteile eines Aufhebungsvertrags im Überblick

Aufhebungsvertrag

Kündigung

Sperrzeit des Arbeitslosengeldes droht

Auch wenn Ihnen der Arbeitgeber mit einer Kündigung droht, sollten Sie den Aufhebungsvertrag nicht an Ort und Stelle unterschreiben. Eine Kündigung ist immer noch besser, als ein magerer Aufhebungsvertrag, gegen den Sie später nicht mehr vorgehen können. Zumal ein Aufhebungsvertrag auch eine Sperre des Arbeitslosengeldes zur Folge haben kann. Dies ist dann der Fall, wenn die Agentur für Arbeit annimmt, dass Sie ein bestehendes Arbeitsverhältnis ohne Not aufgelöst haben. Der Sperre können Sie bei Abschluss eines Aufhebungsvertrages nur unter ganz bestimmten Bedingungen  entgehen.  Wir empfehlen, sich rechtzeitig bei der Agentur für Arbeit zu informieren.

 Aufhebungsvertrag unterschreiben? Experten hinzuziehen 

Um den Druck auf ihre Angestellten zu erhöhen, setzen Arbeitgeber ihren Mitarbeitern häufig eine sehr kurze Frist für ihre Zustimmung zum Aufhebungsvertrag. Nutzen Sie die Zeit und legen Sie den Aufhebungsvertrag einem Anwalt vor. Dieser wird den Vertrag unter die Lupe nehmen und auf mögliche Fallen hinweisen. So kommt es häufig vor, dass in Aufhebungsverträgen deutlich niedrigere Abfindungen versprochen werden, als über eine Kündigungsschutzklage bzw. einen anschließenden Vergleich möglich wären. Denn meist stellt der Anwalt fest, dass eine angedrohte Kündigung ohnehin unberechtigt wäre. Legt Ihnen Ihr Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag zur Unterschrift vor, sollten sie stets wie folgt reagieren:

RATIS-TIPP
  • Unterschreiben Sie den Aufhebungsvertrag zunächst nicht!
  • Fordern Sie ausreichend Bedenkzeit.
  • Wenden Sie sich an einen Fachanwalt für Arbeitsrecht:

Aufhebungsvertrag auf Wunsch des Arbeitnehmers

Gewiss gibt es Situationen und Lebensumstände, die trotz der genannten Nachteile für einen Aufhebungsvertrag sprechen.

Wenn ein Arbeitnehmer ein neues Jobangebot mit einem konkreten Eintrittszeitpunkt vorliegen hat, wird er unter Umständen versuchen, so schnell wie möglich aus dem bisherigen Arbeitsverhältnis herauszukommen. Stimmt der derzeitige Arbeitgeber einem Aufhebungsvertrag mit verkürzter Kündigungsfrist zu, überwiegen vielleicht die Vorteile. Dennoch ist es nicht immer ratsam, einen Aufhebungsvertrag wegen eines neuen Jobs auf Biegen und Brechen durchzusetzen: Der künftige Arbeitgeber wird sicher Verständnis dafür haben, dass die gesetzliche Kündigungsfrist gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber einzuhalten ist.

Wer ohne Zustimmung des bisherigen Arbeitgebers trotz Kündigungsfrist einen neuen Job antritt oder nicht mehr zur Arbeit erscheint, riskiert hingegen Schadenersatzforderungen.

Vereinzelt werden auch Aufhebungsverträge geschlossen, obwohl Mitarbeiter nicht aus dem Unternehmen ausscheiden. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn ein Mitarbeiter aus einem Leiharbeitsverhältnis fließend in eine Festanstellung wechselt. 

Darüber hinaus bitten manche Arbeitnehmer um einen Aufhebungsvertrag, wenn das Betriebsklima so schlecht ist, dass eine weitere Zusammenarbeit unzumutbar wäre.

Inhalt eines Aufhebungsvertrags

Zunächst gilt es zu beachten, dass ein Aufhebungsvertrag immer der Schriftform bedarf, d.h. mündliche oder nicht unterschriebene Verträge sind unwirksam.

Falls Sie einen Aufhebungsvertrag unterschreiben wollen, sollten Sie diesen zunächst auf Vollständigkeit und Fairness prüfen lassen. Folgende Punkte sollten in einem Aufhebungsvertrag nicht fehlen:

  • Beendigungszeitpunkt

In einem korrekten Aufhebungsvertrag steht, wann das Arbeitsverhältnis tatsächlich endet. Dieses kann zum Beispiel sofort oder unter Einhaltung der Kündigungsfrist beendet werden. Achtung: Bei Abkürzung der Kündigungsfrist droht eine Sperrzeit beim späteren Arbeitslosengeldbezug.

  • Gehaltsansprüche und Sonderzahlungen

Ist im Aufhebungsvertrag angeführt, wie viel Gehalt Sie noch erhalten? Wenn nicht, sollten Sie sich aufschlüsseln lassen, wie viel Geld – eventuell inklusive Sonderzahlungen, wie Weihnachts- oder Urlaubsgeld – Ihnen noch zusteht.

  • Abfindung

Ein wichtiger Punkt, dem häufig nicht genug Beachtung geschenkt wird: Hat Ihnen der Arbeitgeber eine Abfindung angeboten? Wenn ja, wie hoch fällt diese aus? Wird Ihnen weniger als ein halber Bruttomonatslohn pro Beschäftigungsjahr in Aussicht gestellt, raten wir regelmäßig davon ab, den Vertrag zu unterschreiben.

  • Urlaubsanspruch, Überstunden, Freistellung

Überlegen Sie, wie viel Urlaub Ihnen noch zusteht.  Wenn Sie diesen nicht mehr in die Zeit bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses einbringen können, ist dieser abzugelten. Auch ein sonstiges Arbeitszeitguthaben ist bis zum Beendigungszeitpunkt entweder durch Freizeit oder abschließend in Geld auszugleichen. Oftmals wird deshalb vereinbart, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer bis zum Beendigungszeitpunkt unter Anrechnung des Resturlaubs und sonstigen Arbeitszeitguthaben unwiderruflich unter Fortzahlung der Vergütung freistellt; d.h. der Arbeitnehmer erhält weiter sein Geld, muss aber nicht mehr in der Arbeit erscheinen.

  • Arbeitszeugnis

Nach der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses haben Sie Anspruch auf ein Arbeitszeugnis. Häufig geben sich Arbeitnehmer bereits damit zufrieden, dass dieser Punkt im Aufhebungsvertrag überhaupt erwähnt wird. Dabei vergessen Sie, dass sie nicht wissen können, welche Note sie später erhalten. Unser Rat: Bereits aus dem Aufhebungsvertrag sollte hervorgehen, welche Note Ihnen zugesichert wird. Noch besser ist ein Entwurf des späteren Zeugnisses. 

  • Betriebliche Altersversorgung

Hier ist entscheidend, ob es sich um eine unverfallbare Anwaltschaft handelt. Denn nur wenn Unverfallbarkeit gegeben ist, bleibt der Vermögenswert erhalten.

  • Dienstwagenregelung

Wurde Ihnen vom Arbeitgeber ein Dienstwagen überlassen, ist zu klären, ob Sie diesen sofort, etwa im Zuge einer  Freistellung oder erst mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses an den Arbeitgeber zurückgeben müssen. Sie wollen den Dienstwagen kaufen? Dann machen Sie Ihrem Arbeitgeber ein Gegenangebot. Wichtig ist auch hier, dass die finale Vereinbarung im Aufhebungsvertrag festgehalten wird.

  • Herausgabe des Arbeitgebereigentums 

Womöglich befinden sich noch Geräte wie Laptop, Firmenhandy oder dergleichen in Ihrem Besitz. Im Aufhebungsvertrag ist aufgelistet, welches Eigentum bis wann zurückzugeben ist. 

  • Arbeitgeber-Darlehen

Sollten Sie von Ihrem Arbeitgeber ein Darlehen erhalten haben, sind Sie nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses grundsätzlich nicht verpflichtet, dieses sofort zurückzuzahlen. Jedoch hat der Arbeitgeber die Möglichkeit, im Aufhebungsvertrag eine sofortige Rückzahlung zum Beendigungszeitpunkt zu vereinbaren. Auch hier gilt: Für diese Vereinbarung ist Ihre Zustimmung erforderlich.

Darüber hinaus finden sich weitere optionale Punkte, an denen hauptsächlich der Arbeitgeber Interesse haben dürfte, die aber auch dem Arbeitnehmer Rechtsklarheit verschaffen:

  • Wettbewerbsverbot
  • Verschwiegenheitspflicht

Muss die Rechtsschutzversicherung zahlen?

Sofern die Initiative zur Erstellung eines Aufhebungsvertrags nicht vom Arbeitnehmer ausgegangen ist, muss die Rechtsschutzversicherung die Beratungskosten für einen Anwalt übernehmen. Auch wenn der Arbeitgeber zuvor eine oder mehrere Abmahnungen ausgesprochen hat, hat der Arbeitnehmer das Recht, juristischen Rat einzuholen und die dabei entstandenen Kosten über die Rechtsschutzversicherung abzuwickeln. 

Kostenlose Erstberatung

Soll ich den Aufhebungsvertrag unterschreiben? Wir beraten Sie. Egal ob mit oder ohne Rechtsschutzversicherung: Die Erstberatung ist für Sie immer kostenlos und verpflichtet Sie zu nichts.

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